Rechtsanwalt Baurecht Berlin - Brandenburg

Verbraucherbauvertrag

  • Verbraucherbauvertrag auch bei Einzelgewerk  
  • Widerrufsrecht des Verbrauchers 

LG München, Urteil vom 28.10.2021 - 5 O 2441/21 

Der Sachverhalt. Der Bauherr eines Einfamilienhauses ist Verbraucher und beauftragt eine Tiefbauunternehmen mit Baugrubenarbeiten zum Pauschalpreis. Nach dem Vertragsschluss erklärte der Bauherr den Widerruf des Vertrages. Hierzu meinte er, dass ihm ein Widerrufsrecht nach § 650i BGB zusteht, da er mit dem Tiefbauunternehmen einen Verbraucherbauvertrag abgeschlossen hat. Er ist der Meinung, dass ein Verbraucherbauvortrag nach entsprechender Auslegung des Gesetzes auch dann vorliegt, wenn es sich nur um die Beauftragung eines Teilgewerks handelt. Er bezieht sich auf das Urteil des OLG Hamm vom 24. April 2021 zum Aktenzeichen 24 U 198/20 (hier ebenfalls veröffentlicht) Das Tiefbauunternehmen hingegen sieht den Widerruf des Vertrages als freie Kündigung an und wies das Recht des Verbrauchers auf Widerruf zurück. Eine Widerrufsbelehrung des Verbrauchers wurde unstreitig nicht erteilt. Das Tiefbauunternehmen begehrt nun den entgangenen Gewinn und verklagt den Bauherren vor dem Landgericht München.

Das Urteil. Das Landgericht München hat die Klage des Tiefbauunternehmen auf Zahlung des entgangenen Gewinns abgewiesen. Das Gericht führte aus, dass der Verbraucher das Widerrufsrecht wirksam ausgeübt hat und dass dem Tiefbauunternehmen kein Anspruch auf entgangenen Gewinn unter Annahme einer freien Kündigung des Vertrages zusteht. Das Gericht argumentierte, dass ein Verbraucherbauvertrag im Sinne von § 650i BGB vorliegt. Diese Vorschrift sei auch anwendbar, wenn es sich um Teilgewerke handelt. Das Gericht verkennt nicht, dass der Wortlaut in § 650i BGB zwar so interpretiert werden kann, dass es gegen eine Einbeziehung der Einzelvergabe spricht. Es entscheidet sich jedoch dafür, auch bei Einzelgewerken einen Verbraucherbauvertrag anzunehmen. Die Definition "Bau eines neuen Gebäudes" sei im Gesetz nicht genau definiert. Im Sinne eines umfassenden Verbraucherschutzes könne daher auch das Verbraucherbauvertragsrecht angewendet werden, wenn es sich nur um die Herstellung eines Teils des Gebäudes handelt. Außerdem sieht das Gericht die Bautätigkeit als erheblich im Sinne von § 650i BGB an. 

Fazit. Dieses Urteil setzt den Trend von Entscheidungen einiger Gerichte zum Verbraucherbauvertragsrecht  fort. Die Annahme, dass das Verbraucherbauvertragsrecht auch bei Teilgewerken zur Anwendung kommt, scheint sich zu verfestigen. Andere Gerichte gehen weiter davon aus, dass der Gesetzeswortlaut die Aufspaltung in Teilgewerke nicht zulässt, sondern von einer Herstellung aus einer Hand auszugehen ist.
Um diesen Streit zu umgehen, empfiehlt es sich, auch beim Abschluss von Bauverträgen über Teilgewerke eine Widerrufsbelehrung auszuhändigen. 
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Verbraucherbauvertrag

Verbraucher(bau)vertrag - Verbrauchervertrag 

  • Abgrenzung zwischen Verbraucher(bau)vertrag und Verbrauchervertrag
  • Folgen einer fehlenden Widerrufsbelehrung gegenüber einem Verbraucher

Wer nicht belehrt, kann leer ausgehen.  

Kammergericht, Urteil vom 16.11.2021 - 21 U 41/21

Der Sachverhalt. Der Kläger (Verbraucher) ist Eigentümer eines Einfamilienhauses und hat den Beklagten (Schreinermeister) mit Renovierungsarbeiten an Wänden, Decken und Böden beauftragt. Die Beauftragung erfolgte dergestalt, dass der Schreinermeister die Baustelle besichtigte, nachfolgend eine Schnellkalkulation per E-Mail übersandte und sich ein weiteres Mal, dann mit dem Kläger persönlich, auf der Baustelle traf. Der Eigentümer hat den Schreinermeister dann vor Ort mündlich beauftragt, die Bauarbeiten auszuführen. Daraufhin begann der Schreinermeister mit seiner Tätigkeit und rechnete einen Betrag von über 5.000,00 € als Zwischenrechnung ab. Diese Rechnung wurde vom Eigentümer bezahlt. Die Parteien gerieten in Streit. Der Eigentümer (Verbraucher) widerrief den geschlossenen Vertrag und verklagte den Schreinermeister auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Kammergericht hob das Urteil des Landgerichts auf und verurteilte den Schreinermeister zur Rückzahlung. 

Das Urteil. In den Urteilsgründen wurde ausgeführt, dass zwischen den Parteien kein Verbraucher(bau)vertrag geschlossen wurde. Der Begriff des Verbraucherbauvertrages ist eng auszulegen. Voraussetzung für den Verbraucherbauvertrag ist neben der Verbrauchereigenschaft des Bestellers auch die Verpflichtung zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude. Das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit verneinte das Kammergericht da das Gesamtvolumen des Auftrages nur einzelne Maßnahmen im Bereich des Innenausbaus im Obergeschoss des Einfamilienhauses betraf. Der Beklagte wurde zudem nicht mit sämtlichen Bauleistungen beauftragt.   

Wäre es ein Verbraucher(bau)vertrag, dann könne der Schreinermeister Wertersatz für seine erbrachten Leistungen beanspruchen. Dies ist gesetzlich in § 357d BGB geregelt.

Der Vertrag zwischen dem Verbraucher und dem Schreinermeister ist aber ein Verbrauchervertrag, auf den die Vorschriften der §§ 312 Abs. 1, 310 Abs. 3 BGB anzuwenden sind. Der geschlossene Vertrag ist nach der Einordnung als Werkvertrag einzuordnen, der Bauleistungen zum Gegenstand hat, aber kein Bauvertrag und somit auch kein Verbraucherbauvertrag ist.

Der Kläger als Verbraucher hat den Verbrauchervertrag wirksam gemäß § 312g Abs. 1 BGB widerrufen, mit der Folge, dass der Vertrag in eine Rückgewährschuldverhältnis umzuwandeln ist. Dies führt dazu, dass der Verbraucher berechtigt ist, die geleistete Anzahlung vom Beklagten zurückzufordern. 

Das Kammergericht hat dem Beklagten jedoch keinen Anspruch auf Wertersatz gemäß § 357 Abs. 8 BGB zuerkannt. Der Wertersatz ist demnach ausgeschlossen, wenn der Beklagte seine Leistungen ausgeführt hat, ohne den Kläger über sein Widerrufsrecht zu belehren.

Dies war vorliegend der Fall. Der Schreinermeister hätte vor Ort den Eigentümer des Einfamilienhauses über das Widerrufsrecht des Vertrages belehren müssen.

Das Kammergericht hielt auch keine Treuwidrigkeit des Ausschlusses des Wertersatzes für gegeben. Dem Senat ist bewusst, dass kleinen Handwerksbetrieben oft die Regelungen über das Widerrufsrecht auf einem auf der Baustelle geschlossenen Bauvertrag oder Vertrag nicht bekannt sind. Die Treuwidrigkeit ist aber vom Bauunternehmer darzulegen, wobei die Darlegung voraussetzt, dass der Unternehmer die Widerrufsbelehrung nur fahrlässig unterlassen hat und die ausgeführten Leistungen mangelfrei sind, vom Verbraucher genutzt werden und der beanspruchte Wertersatzpflicht objektiv nicht unangemessen hoch ist.

Fazit. Spätestens nach dieser Entscheidung des Kammergerichts muss jeder Handwerker, der weiterhin erfolgreich Werklohnarbeiten unterhalb der Schwelle eines Bauvertrages ausführt, darauf bedacht sein, beim Vertragsschluss mit einem Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume, vor Ausführung der Arbeiten eine Widerrufsbelehrung auszuhändigen und dies auch „beweisbar„ in seinen Unterlagen zu dokumentieren. Geschieht es nicht, droht der Widerruf innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr und 14 Tagen, mit dem schwachen Trost, dass der Unternehmer nur den schweren Gang über über den Nachweis der Treuwidrigkeit gehen muss, um überhaupt Geld für seine Tätigkeit, die bereits geleistet wurde, zu erhalten. Geleistete Anzahlungen müssen im Widerrufsfall trotz ausgeführter Leistungen zurückerstattet werden! 

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Verbraucherbauvertrag

  • Verbraucherbauvertrag kann auch dann vorliegen, wenn nur ein Gewerk beauftragt wird!

OLG Hamm vom 27.4.2021 - 24 U 198/20

Diese Entscheidung des OLG Hamm ist eine der ersten wichtigen Entscheidungen zum Verbrauchervertragsrecht. Die ursprüngliche Annahme in Literatur und Rechtsprechung, ein Verbrauchervertrag würde erst dann vorliegen, wenn das beauftragte Bauunternehmen die gesamte Bauleistung aus einer Hand erbringt, ist durch die Entscheidung des OLG Hamm in Frage gestellt. Nach der Entscheidung sind die Vorschriften des Verbraucherbauvertrages auf ein Einzelgewerk anzuwenden. Der Bauunternehmer hatte eine Bauhandwerkersicherung verlangt und dieser nicht bekommen, da die Auftraggeberin eingewandt hat, sie sei Verbraucherin. Beim Verbraucherbauvertrag ist die Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB bekanntlich ausgeschlossen. Die Auftraggeberin hat auch kein Einfamilienhaus in Auftrag gegeben, sondern eine Gewerbehalle. Sie war Hausfrau und im Unternehmen ihres Mannes geringfügig beschäftigt. Der Unternehmer ging mit der Anforderung einer Bauhandwerkersicherung somit leer aus. Pech gehabt!? Nichts ist so, wie es scheint. 

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Verbraucherbauvertrag - Vertragsgestaltung

Überprüfung von Vertragsklauseln eines Verbraucherbauvertrages

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.10.2020 - 29 U 146/19

Das OLG Frankfurt am Main hat über zahlreiche Vertragsklauseln eines Bauunternehmens entschieden. Das Bauunternehmen ist auf die Errichtung von schlüsselfertigen Wohnhäusern spezialisiert und verwendete zum Vertragsschluss ein Vertragsformular. Der Kläger im Verfahren ist ein Verbraucherschutzverein im Bauwesen. 

Die vom Bauunternehmen verwendeten Vertragsklauseln sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. Das Oberlandesgericht hat diese auf die Wirksamkeit überprüft und festgestellt, dass etliche Vertragsklauseln unwirksam sind. Der Klageantrag umfasste 18 Klauseln. 

Hervorzuheben ist eine Vertragsklausel zur Abnahme. 

Das Bauunternehmen hatte eine Vertragsklausel formuliert: 

"Als abgenommen gilt das Werk auch, wenn der AN nach Fertigstellung eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der AG die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe wesentlicher Mängel verweigert hat."

Diese Klausel ist in mehrfacher Hinsicht unwirksam. Sie weicht zum Nachteil des Verbrauchers vom gesetzlichen Leitbild ab. Der mit dem neuen Bauvertragsrecht eingeführte § 640 Abs. 2 BGB regelt die Abnahme der Werkleistung durch angemessene Fristsetzung mit der Aufforderung zur Abnahme, die der Besteller unter Angabe von mindestens einem Mangel innerhalb der Frist verweigern kann. Die Klausel des Bauunternehmers ändert die gesetzliche Vorgabe und verlangt das Vorliegen von Mängeln (und nicht nur eines Mangels) sowie eine weitere Qualifizierung, nämlich die Wesentlichkeit der Mängel, die vom Gesetz gerade nicht gefordert wird.   

Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen. _____________________________________________________

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Verbraucherbauvertrag

  • Vertragsgestaltung Verbraucherbauvertrag

Landgericht Halle, Urteil vom 21.05.2021 - 4 O 208/19

Der Sachverhalt: Das Landgericht Halle hat in einer Entscheidung vom Mai 2021 über mehrere Klauseln eines Verbraucherbauvertrages zu befinden. Die Beklagte errichtet schlüsselfertige Einfamilienhäuser, Stadthäuser und Bungalows. Gegenstand des Rechtsstreits waren die vorformulierten Vertragsklauseln, die von dem Beklagten Bauunternehmen verwendet werden.

Unter anderem war folgende Klausel rechtlich zu überprüfen:

"Bei Unstimmigkeiten zum Bautenstand gilt die Bautenstandsbestätigung eines gemeinschaftlich beauftragten, vereidigten Gutachters als verbindlich. Die Kosten des Gutachtens trägt der unterlegene. Die Bauzeit verlängert sich um die Verfahrenszeit."

Das Urteil. Das Landgericht Halle erklärte diese Klausel im vorformulierten Vertragswerk nach § 307 BGB für unwirksam. Die Klausel beinhaltet ein verbindliches Schiedsgutachten bei Meinungsverschiedenheiten zum Bautenstand. Die Benachteiligung des Kunden ist deshalb gegeben, da die Klausel keinen Einwand des Kunden formuliert, dass das Schiedsgutachten offenbar unrichtig sei. Außerdem ergibt sich ein Nachteil für den Kunden, dass die Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung auch so verstanden werden kann, dass es für die Berechtigung zur Abschlagsrechnung des Unternehmens allein auf den Bautenstand nach den festgelegten Punkten des Zahlungsplans ankommen soll. Nach der gesetzlichen Regelungen sind Abschlagszahlungen jedoch nur an der Höhe des Wertzuwachses orientiert, wobei dieser durch etwaige Mängel verringert werden kann. 

Das Urteil enthält weiter nachlesenswerte Argumentationen zur Unwirksamkeit von Vertragsklauseln, auch hinsichtlich der Abnahme und Bezugsfertigkeit des Vertragsobjekts.

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