Rechtsanwalt Baurecht Berlin - Brandenburg

Kündigung von Bauverträgen 

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Kündigung im Bauvertragsrecht. Dies betrifft die Kündigung von Bauverträgen, Verbraucherbauverträgen und Werkverträgen über Bauleistungen.

Hinweis Bauträgervertrag

Im Bauträgervertrag ist das Kündigungsrecht gemäß § 648 sowie das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß § 648a BGB ausgeschlossen. Dies ergibt sich aus § 650u Abs. 2 BGB.

Was bewirkt die Kündigung?

Die Kündigung beendet den Vertrag durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ab dem Zugang der Kündigungserklärung. Eine Kündigung für die Vergangenheit ist nicht möglich. Die Kündigung beendet das Vertragsverhältnis ab dem Zugang mit Wirkung für die Zukunft.

Muss eine Kündigung als Kündigung bezeichnet werden?

Nein. Eine Kündigungserklärung muss das Wort Kündigung nicht zwingend enthalten, um eine wirksame Kündigung zu sein. Es reicht aus, wenn der Erklärende zum Ausdruck bringt, dass das Vertragsverhältnis ab dem Zugang der Kündigung nicht mehr fortgeführt werden soll. Willenserklärungen einer Vertragspartei können durch das Gericht ausgelegt werden. In baurechtlichen Fällen kommt es vor, dass keine Kündigung expressis verbis ausgesprochen wird, sondern dem Unternehmer beispielsweise mitgeteilt wird, dass bereits eine andere Firma beauftragt wurde und er nicht mehr am Bauvorhaben erscheinen müsse. Diese Erklärung oder Mitteilung, kann aus Kündigungserklärung des Vertrages ausgelegt werden, da bei verständiger Würdigung der Erklärung davon ausgegangen werden kann, dass der Besteller auf die Leistung des Unternehmers keinen Wert mehr legt und das Vertragsverhältnis als beendet ansieht.

Praxistipp:

Selbstverständlich ist es ratsam, klare Verhältnisse zu schaffen und eine Kündigung als Kündigung zu bezeichnen und den Zugang der Kündigung zu dokumentieren. Außerdem sei darauf hingewiesen, dass eine Kündigung im Wege der Vertretung möglich ist. Hier ist jedoch zwingend darauf zu achten, dass eine Kündigungsvollmacht im Original vorgelegt wird. Hier werden viele Fehler gemacht, die zu ungewünschten Konsequenzen führen.

Muss eine Kündigung begründet werden?

Nein! Eine Kündigung muss grundsätzlich nicht begründet werden. Wenn die Kündigung begründet wird, besteht keine Bindung an die in der Kündigungserklärung gemachten Angaben und Gründe. In einem späteren Prozess können auch solche Gründe noch nachgeschoben werden, die tatsächlich zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung bestanden haben, in diese aber nicht erwähnt wurden. Gleiches möglich, wenn eine freie Kündigung ausgesprochen wurde und sich herausstellt, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung ein außerordentlicher Kündigungsgrund vorgelegen hat, der dann im Prozessfalle nachgeschoben wird.

Form der Kündigung eines Bauvertrages

Vorbehaltlich von einzelvertraglichen Regelungen, in denen die Schriftform vom Kündigung vorgeschrieben sein kann bestehen folgende gesetzliche Erfordernisse an die Form der Kündigung:

Werkvertrag: Für die Kündigung eines Werkvertrages besteht kein Formerfordernis. Es ist daher auch mündlich möglich, Wenn auch nicht ratsam, da es zu Beweisschwierigkeiten kommen kann. 

Bauvertrag: Die Kündigung eines Bauvertrages bedarf der Schriftform. (§ 650h BGB). 

Verbraucherbauvertrag: Über § 650i Abs. 3 ist auch für den Verbrauchervertrag die Schriftform für eine Kündigung nach § 650h BGB einzuhalten. 

Praxistipp:

Es ist in jedem Falle zu empfehlen, auch die Kündigung eines Werkvertrages schriftlich vorzunehmen. Außerdem sollte der Zugang der Kündigungserklärung im Falle des Bestreitens bewiesen werden können. Die Sorgfalt hierbei erleichtert die Prozessführung ungemein. 

Was ist die freie Kündigung eines Bauvertrages?

Der Besteller der Werkleistung kann das Vertragsverhältnis jederzeit ohne Angabe von Gründen gemäß § 648 BGB kündigen. Das sogenannte freie Kündigungsrecht des Bestellers führt dazu, dass der Unternehmer berechtigt ist, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Er muss ich das anrechnen lassen, was er anderweitig erworben hat oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Der Unternehmer wird durch die freie Kündigung des Bestellers praktisch so gestellt, wir stehen würde, wenn er den Vertrag erfüllt hätte. Zur Vereinfachung ist gesetzlich geregelt, dass vermutet wird, dass bei einer freien Kündigung des Bestellers dem Unternehmer fünf vom Hundert der auf die noch nicht erbrachte Werkleistung entfallenden vereinbarte Vergütung zustehen.

Was ist eine außerordentliche Kündigung?

Eine außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses benötigt einen wichtigen Grund, um das Vertragsverhältnis zu beenden. Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist sowohl für den Besteller der Werkleistung möglich als auch durch den Unternehmer.  Die Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt oder nicht, ist eine zentrale Frage des Baurechts und der prozessualen Auseinandersetzung. Hieran sind unterschiedlichste Rechtsfolgen geknüpft.

Was ist, wenn eine außerordentliche Kündigung eines Bauvertrages ausgesprochen wurde, die Kündigungsgründe aber nicht vorliegen? Kann die Kündigung in eine freie Kündigung umgedeutet werden?

Die ausgesprochene außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses dann regelmäßig in eine freie Kündigung des Vertragsverhältnisses umgedeutet. Die Umdeutung von Kündigungserklärungen ist rechtlich zulässig. Eine Umdeutung kommt nur dann nicht infrage, wenn der Erklärende eindeutig und unmissverständlich klarmacht, dass Kündigungserklärung nur für den Fall einer außerordentlichen Kündigung des Vertrages beendet sein soll oder wenn sich eine solche Auslegung aus den Umständen ergibt.

Welche Rechtsgrundlagen gibt es für die Kündigung eines Bauvertrages durch den Besteller bzw. Auftraggeber (AG)?

Der Besteller bzw. Auftraggeber hat folgende Kündigungsrechte:

  • freies Kündigungsrecht nach § 648 BGB (nur AG)
  • Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß § 648a BGB (AG und AN)
  • freies Kündigungsrecht nach § 8 Abs. 1 VOB/B (nur AG)
  • außerordentliches Kündigungsrecht nach § 8 Abs. 2 VOB/B ei Zahlungseinstellung des AN oder Insolvenzverfahren des AN (nur AG)
  • außerordentliches Kündigungsrecht nach § 8 Abs. 3 VOB/B mit Verweis auf § 4 Abs 7 und 8 sowie § 5 Abs. 4 (nur AG)
  • außerordentliches Kündigungsrecht bei Vorliegen einer Behinderung gemäß § 6 Abs. 7 VOB/B (AG und AN)

Welche Rechtsgrundlagen gibt es für die Kündigung eines Bauvertrages durch den Unternehmer bzw. Auftragnehmer (AN)?

Der Unternehmer bzw. Auftragnehmer hat folgende Kündigungsrechte:

  • Kündigung wegen Nichterbringung von Mitwirkungspflichten gemäß §§ 642, 643 BGB (nur AN)
  • Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß § 648a BGB (AN und AG)
  • außerordentliche Kündigung gemäß § 9 Abs. 1 Nummer 1, VOB/B wegen Unterlassung Mitwirkungshandlung durch AG (nur AN)
  • außerordentliche Kündigung gemäß § 9 Abs. 1 Nummer 2 VOB/B, bei Zahlungsverzug des AG (nur AN)
  • Kündigung bei Vorliegen einer Behinderung gemäß § 6 Abs. 7 VOB/B (AN und AG)
  • Kündigung wegen nicht erbrachter Sicherheit gemäß § 650f Abs. 5 BGB (nur AN)

Exkurs: Kündigung eines Bauvertrages aus wichtigem Grund gemäß § 648a BGB

Mit der Neuregelung des Bauvertragsrechts wurde § 648a BGB eingeführt. Eine außerordentliche Kündigung von Bauverträgen wurde als Richterrecht aus § 314 BGB hergeleitet. Gemäß § 648a BGB können beide Parteien den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann. (§ 648a Abs. 1 Satz 2 BGB)

Der Kündigende muss keine Gründe in der Kündigungserklärung gemäß § 648a BGB angeben. Das Nachschieben von Kündigungsgründen ist grundsätzlich möglich. Dies gilt auch dann, wenn sich der Kündigende dazu entschlossen hat, Gründe in der Kündigungserklärung anzugeben.  

Die Kündigungserklärung gemäß § 648a BGB hat bei dem Bauvertrag schriftlich zu erfolgen, da für den Bauvertrag die Schriftform gemäß § 650h BGB vorgeschrieben ist. Oder zwischen den Parteien nur ein normaler Werkvertrag über Bauleistungen abgeschlossen, ist eine Kündigung gemäß § 648a BGB auch ohne Einhaltung der Schriftform möglich.

Praxistipp:

Es wird oft übersehen, dass für die Wirksamkeit der Kündigung aus wichtigem Grund nach § 648a BGB die Vorschriften von § 314 Abs. 2 und 3 entsprechend gelten. Dies bedeutet, dass grundsätzlich ein Abmahnerfordernis oder der Ablauf einer Abhilfefrist vorliegen muss, um eine wirksame Kündigung auszusprechen. Von diesen Erfordernissen kann nur im Ausnahmefall abgewichen werden. Hinzukommt, dass auch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ausspruch der Kündigung und der Kenntnis des Kündigungsgrundes zu beachten ist, da die Kündigung nur innerhalb einer angemessenen Frist ausgesprochen werden kann. Auch wenn die Kündigungsgründe in der Kündigungserklärung nicht angegeben werden müssen, empfiehlt es sich dennoch, eine detaillierte Dokumentation des Sachverhalts, der zur Kündigung führen soll, vorzunehmen, um in einen späteren Prozess nicht in Darlegung unter Beweisnöte zu geraten.  Hier werden oft auch die Fakten übersehen, da die Parteien in der Praxis sehr häufig emotional aneinandergeraten sind. Eine Kündigung aus wichtigem Grund muss daher gut überlegt sein.

Kündigung Bauvertrag Rechtsanwalt Berlin

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Wechselseitige Kündigungen von Bauverträgen durch Auftraggeber und Auftragnehmer

Ein häufiger Fall der Praxis ist die wechselseitige Kündigung des Vertragsverhältnisses durch beide Parteien. Es kommt zu einem regelrechten Wettlauf der Fristen. Zum Beispiel setzt der Besteller dem Unternehmer am 10. des Monats zum 30. des Monats eine (angemessene) Frist zur Vertragserfüllung gemäß § 5 Abs. 4 VOB/B und vergisst hierbei nicht dem Unternehmer mitzuteilen, dass er nach Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde. Nach Erhalt der Aufforderung verlangt der Auftragnehmer am 12. des Monats eine ebenfalls angemessene Frist zum 28. des Monats. Nachdem der Besteller keine Sicherheit geleistet hat, kündigt der Unternehmer am 29. des Monats gemäß § 650f Abs. 5 BGB den Vertrag. Hierauf folgt die außerordentliche Kündigung des Vertrages durch den Besteller am 30. des Monats.

Zur Lösung der Fallkonstellation werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nach der Entscheidung des Kammergerichts vom 16. Februar 2018 (21 U 66/16) soll eine materielle Gesamtbetrachtung möglich sein, um festzustellen, welche Kündigung im Ergebnis erfolgreich war.

Das OLG Düsseldorf vertritt die gegenteilige Auffassung. In einer Entscheidung vom 12. April 2019 (22 U 62/18) wird bei der Prüfung von wechselseitigen Kündigungserklärungen eine chronologische Prüfungsmethode angewandt, um festzustellen, welche Kündigung als erste auf wirksame Weise das Vertragsverhältnis beendet hat.

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